In meinem Post "Viktor Frankl und die Suche nach dem Sinn", rede ich am Ende darüber, wieso jeder seinen Sinn im Leben finden muss und wieso Sinn, anders als Glück ein wahrlich erstrebenswertes Ziel ist.
Sinn hilft uns auch durch schwere Zeiten und Glück an sich ist eher flüchtig und vergänglich.
Wenn es dein Ziel im Leben ist, immer glücklich zu sein, was machst du dann in Zeiten, in denen du es nicht bist? Und diese Zeiten werden kommen.
Hier ist die Antwort, die dich auch durch harte Zeiten bringt: Einen Sinn im Leben zu haben
Der Stand der Dinge
Es gibt einen Schatten im Hintergrund des modernen Lebens.
Man kann es am besten beschreiben als:
Genug zu essen zu haben, hoffentlich genug Geld zum Leben zu haben, sich keine Sorgen machen zu müssen von Löwen gefressen zu werden oder im Krieg zu sterben, doch immer noch sicher zu sein, dass etwas wichtiges fehlt...
Früher bestand der Sinn unseres Lebens erstmal darin, zu überleben, ein Jäger/Sammler der Steinzeit, hatte nicht viel Zeit, über den Sinn seines Lebens nachzudenken.
Ein Leibeigener im Mittelalter genauso wenig wie ein Soldat im ersten Weltkrieg, es ging um das blanke Überleben.
Doch heute erleben die meisten von uns keinen Krieg, keinen Hunger und auch keine anderen existenziellen Bedrohungen.
Das führt natürlich dazu, dass wir uns fragen: "Was machen wir alle hier überhaupt?"
Wir merkten: Glücklich sein fühlt sich irgendwie gut an, könnte das nicht der Sinn sein?
Immer dem Gefühl von Glück nachzustreben, da es sich natürlich "gut anfühlt", also irgendetwas muss ja dran sein.
Unser aktueller Stand könnte Teil eines großen Experiments in der Menschheitsgeschichte sein.
Welches da wäre: Gebt einigen Leuten erstaunlichste Technologien, gebt ihnen Bildung, Sicherheit und Komfort und lasst uns schauen, ob ihnen das einen Sinn im Leben gibt.
Bei manchen von ihnen, vielen sogar, scheint es nicht so.
Die Frage lautet also: "Ja ja, danke für die Technologie und die Bildung und alles,
aber das Leben fühlt sich für einige von uns immer noch auf eine gewisse Art und Weise leer an.
Und was zur Hölle machen wir jetzt, bitte?"
Jedes Zeitalter hat seine Prüfungen; das existentielle Vakuum, könnte unsere sein.
Wenn man die ständige Todesgefahr wegnimmt, wird die Sinnsuche an den Einzelnen zurückgegeben und das ist schlecht und das ist gut.
Hoffentlich leben viele von uns in relativer Sicherheit, und das ist großartig!
Aber die generelle Botschaft für ein Leben der Selbstverwirklichung im 21. Jahrhundert (zumindest in einigen Teilen der Welt) lautet:
Mach viel Kohle oder kauf dir viele Immobilien oder so... Und dann wirst du auf wundersame Weise glücklich und erfüllt sein.
Nun, nichts ist falsch an Geld oder Häusern, aber es scheint ziemlich offensichtlich, dass das allein noch nicht für Sinn und Glück ausreicht.
Kann Geld uns Sinn geben?
Ein paar neuere Studien deuten darauf hin, dass mehr Geld zu haben tatsächlich dafür sorgt, dass du glücklicher bist.
Aber es scheint eine Grenze zu geben.
Eine Studie von Princeton hat vor einiger Zeit darauf hingedeutet, dass Glück und Wohlbefinden bei einem Einkommen von über $75.000 nicht mehr wirklich drastisch zunehmen.
Oberhalb einer bestimmten Schwelle, ab der du dich und deine Familie ernähren kannst,
werden die meisten Menschen mit Geld allein nicht viel glücklicher.
Also ist etwas anderes für das Glück erforderlich.
Glück ist eines der wenigen Dinge, die Menschen um ihrer selbst willen anstreben.
Aber es gibt ein Problem mit Glück, welches ist, dass die meisten von uns zu glauben scheinen:
Sobald ich (X) gekauft, fertiggestellt, gebaut, abgeschlossen habe, werde ich einfach für immer glücklich sein und nichts wird jemals wieder weh tun.
Wenn du schon mal als Mensch gelebt hast, hast du vielleicht bemerkt, dass Glück so nicht funktioniert.
Jemals.
Hedonistische Adaption
Gewöhnlich kehren die Menschen über einen ausreichend langen Zeitraum hinweg zu ihrem ursprünglichen hedonistischen Sollwert zurück, ihrem Standard-Glückslevel.
Das nennt sich "die Hedonistische Adaption", und es ist ein zutiefst beschissener Teil der menschlichen Verfassung.
So sind zum Beispiel Lotto-Gewinner meist ein paar Wochen bis Monate sehr viel glücklicher, jedoch spätestens nach einem Jahr wieder zurück auf ihrem Ausgangslevel, oft sogar noch darunter.
Interessant ist aber, dass es so scheint, als gäbe es keine vergleichbare "Sinn-Adaption".
Zum Beispiel:
Kinder zu bekommen. Es ist sicherlich anstrengend, für ein Kleinkind zu sorgen, schlaflose Nächte, dauerhafte Aufmerksamkeit etc.
Wir Menschen müssen uns um unsere Kinder kümmern, bis sie es irgendwann selbst können, das kann schon mal 18 Jahre dauern.
Doch trotz dieser riesigen Lebensaufgabe und dem ganzen Stress und dem Schmerz, der damit verbunden ist, Kinder groß zuziehen sehen es viele Eltern als das größte Glück und den Sinn ihres Lebens, Kinder zu bekommen.
Ich sage "trotz", eigentlich sollte es heißen "wegen".
Ein weiteres Beispiel:
Berufe, die Menschen wirklich gerne machen und genießen.
Es mag schwierige Wochen oder Monate geben, aber insgesamt, wenn es im Einklang mit dem steht, was jemand tatsächlich gerne macht, dann bleibt diese Sache für eine sehr lange Zeit sinngebend.
Möglicherweise sogar fürs Leben.
Sinn scheint ein viel nachhaltigeres Ziel zu sein als Freude.
Und nach dem, was wir bisher wissen, folgt das zweite oft dem ersten nach.
Auch in schweren Zeiten.
In Zeiten von Leid und Schmerz ist es nicht das Bedürfnis nach dem "Glücklichsein", das uns dazu bringt, nicht aufzugeben und weiterzumachen. Es ist etwas anderes.
Kann Leiden einen Sinn haben?
Ja, Leben heißt Leiden und manchmal erscheint einfach alles sinnlos.
Doch genau dagegen können wir uns stellen, auch in den schrecklichsten und ausweglosesten Situationen, die man sich ausdenken könnte (Konzentrationslager zum Beispiel) kann man sich die Worte Viktor Frankls in den Sinn rufen:
"Alles kann einem Menschen genommen werden, außer einer Sache - die letzte der menschlichen Freiheiten: Die Wahl der eigenen Einstellung zu den gegeben Dingen. Die Freiheit, seinen eigenen Weg zu wählen."
Auch in scheinbar ausweglosen Situationen können wir noch immer wählen, ob wir diese Situationen aushalten und einfach versuchen, das beste daraus zu machen oder wenigstens, die Situation für uns und andere immerhin nicht schlechter machen.
Denn schlimmer geht immer. Es ist schon der erste Schritt, zu entscheiden, eine schreckliche Situation einfach nur auszuhalten, ohne sie noch schlimmer zu machen indem man sich selbst und die Hoffnung auf Besserung aufgibt.
Wir können immer unseren Weg wählen, können uns immer nach dem Guten orientieren.
Unser Leben verbessern, einen Sinn finden, eine Aufgabe, unser Potential voll ausschöpfen, eine Arbeit finden, die uns Sinn gibt und der Welt und anderen Menschen hilft.
Damit verbessern wir auch das Leben, derer, die uns lieben (Freunde, Familie, Partner), da Liebe auch bedeutet, sich zu wünschen, die geliebte Person möge ihr Potenzial erfüllen und ihren Sinn im Leben finden.
Das könnte der einzige Weg sein, einen Sinn für individuelle Bedeutung zu erreichen.
Also such dir etwas um dich zu erproben, teste deine Fähigkeiten.
Was kannst du alles erreichen wenn du es wahrlich versuchst?
Höre auf dein Gewissen, auf dein Potential.
Was interessiert dich, was gibt dir schon jetzt ein Gefühl von sinnvoller Beschäftigung? Finde deinen Sinn, erfülle deine Aufgabe, erreiche dein Potenzial.
Für dich und für die, die dich lieben.
Versuche nicht immer nur dem Glücklichsein hinterherzurennen.
Es kommt und geht und das ist gut so.
Immer glücklich zu sein, heißt nie glücklich zu sein.
Kritik am reinen Glück
Man kann nicht immer glücklich sein. Es gibt Zeiten, in denen man einfach nicht glücklich ist. Und wenn dann dein einziger Grund zum Leben ist, glücklich zu sein, dann hast du ein Problem.
Wenn der Mensch nur das dauerhafte Glücklichsein wollte, würde er immer und ohne Pause auf Antidepressiva und anderen Stimulanzien durch die Welt gehen müssen.
Leider passiert genau das ja gerade, in den USA gibt es eine Opium-Epidemie, Alkohol ist die Volksdroge Nummer eins und die psychoaktive Substanz Koffein ist so fest in unserem Alltag verankert, dass wir sie sogar unseren Kindern geben.
Drogen, die ein synthetisches Gefühl von Glück erzeugen, geben uns auch keinen Sinn, sie zerstören unseren Körper und sobald wir in Entzug gehen, spüren wir, dass sie uns alles Glück im Leben genommen haben.
Glück ist vergänglich, es kann nicht immer da sein und das sollte es auch nicht, wenn alle immer glücklich sind und du immer glücklich bist, was heißt Glücklichsein dann überhaupt noch?
Willst du wirklich immer glücklich sein?
Immer auf irgendwelchen Pillen, die dich glücklich machen, mit einem offensichtlichem Sinn, den du schon immer hattest und über welchen du nie nachdenken musstest, ihn dir nie erarbeiten musstest?
In einer Welt, in der jeder seine klare Aufgabe hat, jeder damit zufrieden ist und niemand sich über irgendetwas Gedanken macht?
In einer Welt, in der dir die Regierung deine Drogen verschreibt, es Essen im Überfluss gibt, Alkohol und eine hochentwickelte Technologie, die es jedem ermöglicht, mit seinem erbärmlichen Leben zufrieden zu sein?
Eine Welt, in der es wöchentliche Orgien gibt, in einer Welt in der "jeder jedem gehört" und es keine festen Partner geben darf?
Genau diese Situation beschreibt Aldous Huxley in seinem großen Werk "Brave New World" oder "Schöne neue Welt".
Die Bewohner des fiktiven Londons der Zukunft müssen nie traurig sein, die Regierung stellt unendliche Drogen für sie zur Verfügung.
Jedem wird von Geburt an mit Gehirnwäsche ein Gefühl von Sinn und Bedeutung vorgetäuscht.
Es ist eins der größten dystopischen Werke unserer Zeit.
Nachdem einer der letzten Menschen, die außerhalb dieser "Utopie" leben, genannt "Wilde", in diese Welt eingeführt wird, verzweifelt er immer weiter und begeht am Ende Selbstmord.
Eine Sache vergisst der Mensch: Immer glücklich zu sein, heißt auch: Nie wirklich glücklich zu sein.
Somit kann Dauer-Glück nicht das Ziel sein, doch was dann?
„Was der Mensch wirklich will, ist letzten Endes nicht das Glücklichsein, sondern ein Grund zum Glücklichsein.“
- Viktor Frankl
Wie finden wir unseren Grund?
Das Spiel des Lebens beginnt damit, dass du inmitten dieser Welt erscheinst.
Du fragst ein paar Leute, was wir alle hier machen, aber niemand, einschließlich deiner Eltern oder Lehrer, hat wirklich eine Ahnung.
Nun wird dir gesagt, dass in dieser Welt das wahre Leben stattfindet und, dass wenn du reingehst, dich alle möglichen Monstern erwarten, die du bekämpfen musst, wie:
Einsamkeit, ein allumfassenden Gefühl der Sinnlosigkeit, Jobs, die du hasst, nachtragende und unfreundliche Leute, deine eigenen Grenzen, nicht zu wissen, was du grundsätzlich willst, sich Sorgen um dein Einkommen machen zu müssen, Sorgen um Krankheit, den Tod dir nahestehender Menschen.
Universelles menschliches Zeug eben, oder?
Aber dem entgegenzutreten und tatsächlich zu sagen -
"Ich werde lernen oder erschaffen oder besser werden - komme, was wolle!
Sich einfach zu weigern, innerlich zu sterben, obwohl wir in einem Universum leben, das eindeutig nicht freundlich und in dem Leiden unvermeidlich ist."
Es ist erstaunlich, dass die meisten von uns sich überhaupt zusammenreißen können.
Es ist eine Sache, in die Schöpfung berufen zu werden ohne zuerst gefragt zu werden.
Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen wird dann noch von einem erwartet herauszufinden, was zur Hölle man hier überhaupt macht.
Und ich denke, es gibt eine ziemlich gute Chance, dass Viktor Frankl und einige andere uns bereits gezeigt haben, wie wir dieses Problem lösen können.
Die Sinnhaftigkeit scheint etwas persönliches zu sein, es kommt von innen heraus, aus dem Gefühl, seine Arbeit zu genießen, von Menschen umgeben zu sein, die man tatsächlich liebt.
Von dem Bemühen (auch nur in kleinem menschlichen Umfang und für eine kurze, menschliche Zeit), zu erfahren, was wir hier überhaupt machen.
„Je mehr der Mensch nach Glück jagt, umso mehr verjagt er es auch schon. Um dies zu verstehen, brauchen wir nur das Vorurteil zu überwinden, dass der Mensch im Grund darauf aus sei, glücklich zu sein; was er in Wirklichkeit will, ist nämlich, einen Grund dazu zu haben. Und hat er einmal einen Grund dazu, dann stellt sich das Glücksgefühl von selbst ein. In dem Maße hingegen, in dem er das Glücksgefühl direkt anpeilt, verliert er den Grund, den er dazu haben mag, aus den Augen, und das Glücksgefühl selbst sackt in sich zusammen. Mit anderen Wort, Glück muss erfolgen und kann nicht erzielt werden.“
- Viktor Frankl
Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, diesen Post zu lesen.
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In diesem Sinne: Viel Spaß und Erfolg bei dem Erreichen deiner Ziele und der Suche nach dem Grund für dein Leben,
Max Englisch.
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